Archiv der Kategorie: Kulturkritik

Liebe AKK

ich kenne mich leider nicht so gut aus, was den Karneval und all seine mir merkwürdig erscheinenden Rituale und Regeln angeht. Meine Oma, die im hohen Alter ein zarter Flaum von Oberlippenbärtchen schmückte, war zwar Kölnerin – daher hatte ich gegenüber anderen Nachbarskindern immer schon so etwas wie einen kleinen Wissensvorteil. Aber so richtig habe ich das offenbar nicht verstanden.

Ich dachte immer, beim Karneval ginge es darum, dass sich Außenseiter über die Herrschenden lustig machen dürften – und nicht umgekehrt?! Naja, inzwischen ist offenbar vieles möglich. Bei der Bestimmung von Geschlechterrollen sind wir ja inzwischen zum Glück auch schon ein Schrittchen weiter – zumindest in Berlin – so verstehe ich jedenfalls Teile Ihrer Darbietung.

Aber zurück zum Karneval. Ich weiß zum Beispiel nicht, ob man am Aschermittwoch eigentlich traditionell noch „schlechte WItze“ machen darf. Also zum Beispiel Rassistische WItze? Homophobe Witze? Altersdiskiminierende Witze? Ich vermute schon. Zumindest darf man doch unter dem Karnevals-Deckmantel ein bisschen unter die Gürtellinie treten, oder? Na – ich versuche es einfach mal. Ich bin aber nicht sicher, ob mir das gelingt – ich bin ja genetisch betrachtet nur 1/4 Rheinländer.

Zuerst mal ein offenes Wort in aller Freundlichkeit: Liebe Frau Annegret Kramp-Karrenbauer, Ihre Hetero-normative Hasspropaganda – öhm – Ihre Büttenrede – ist in Berlin überhaupt nicht gut angekommen. Aber vielleicht lässt sich Ihr Ausrutscher auch irgendwie erklären… Vielleicht haben Sie selber ja nicht verstanden, wie Karnevals-Humor funktioniert? Immerhin stammen SIe ja ’nur‘ aus dem Saarland – da macht man sich ja vielleicht das ganze Jahr lang über über die Herrschenden lustig – nur zum Karneval wird mal auf die Außenseiter, die Schwachen, die Hilfbedürftigen getreten. Oder wars eventuell der Alkohol? Oder Sie werden einfach alt – und so langsam setzen sich zunehmend die männlichen Hormone durch? Letzerer Erklärungsansatz erscheint mir am wahrscheinlichsten – denn solche Macho-Sprüche würde ich einer Frau eigentlich gar nicht zutrauen. Ja, vermutlich waren es die Hormone.

Auch bei mir spielen die Hormone manchmal verrückt. Dann setze ich mich zum Pinkeln hin,  genieße erstmal einen Latte-Macchiato und weiß plözlich gar nicht mehr, ob ich Männchen oder Weibchen bin. Und eigentlich ist es mir auch scheißegal. Ich wünschte, es würde keinen Unterschied machen, mit welchen primären Geschlechtsmerkmalen man nun diesen Planeten betreten hat. Es sollte in der Ausbildung, bei der Berufswahl, beim Lohn, bei der Rente und sowieso einfach mal grundsätzlich keinen Unterschied machen. Und ich hatte ja eigentlich gedacht, wir wären da auch schon einen Schritt vorangekommen.

Aber vielleicht sind wir ja auch schon weiter, als mich das Ihre ‚Entgleisung‘ vermuten läßt. Vielleicht dürfen ja Frauen jetzt auch Macho spielen – zumindest zur Karnevalszeit?

Eigentlich ist es mir ja auch egal. Ich würde Ihnen aber dringend empfehlen, mal nach Berlin zu kommen und einen Latte-Macchiato zu schlürfen. Und wenn Sie möchten, dürfen Sie in Berlin auch im Stehen pinkeln.

Privat öffentlich

Ich weiss ja, worauf sich @Niggi in seinem Tweet vom 10.Juli eigentlich bezieht: das Cover der Spiegel-Ausgabe ist nicht gerade etwas, womit man in der Öffentlichkeit gesehen werden möchte. Die digitale Ausgabe des Spiegel ist daher ganz ‚praktisch‘ weil ‚anonym‘:

Das Beste am digitalen @DerSpiegel ist, dass man nicht dabei gesehen wird, wie man ihn kauft. — Stefan Niggemeier (@niggi) 10. Juli 2015 (Original-Tweet mit Spirgel-Cover hier)

Kann man ja eigentlich erst mal so stehen lassen. Ich nehme das jetzt aber einfach mal als Aufhänger, um ein paar Gedanken zu einem Thema aufzuschreiben, das mich schon eine ganze Weile hin und wieder beschäftigt – und zwar:

Das Private und das Öffentliche

Typische Situation: Menschen warten und verbringen ihre Zeit damit, auf Displays zu starren. Was sie dort sehen ist den unmittelbaren mitreisenden, mitwartenden Mitmenschen zunächst verborgen. SPIEGEL Online? BILD? New York Times? Nachrichten? Sport? Feuilleton? Oder doch Email? Twitter? Facebook? Oder liest der Sitznachbar gerade ein Buch? Niemand weiss es – man liest anonym.

Das ist aber leider nur die halbe Wahrheit. Diensteanbieter, Google, Amazon, Verlage – alle lesen mit. Das kann vom einzelnen vielleicht sogar anonymisierten Klick bis hin zur Analyse der digitalen Lesegewohnheiten gehen. Wird ein Text komplett gelesen – oder steigt der Leser irgendwann aus? An welcher Stelle steigt der Leser aus? Kann man da was optimieren?

Digitale Lesegeräte – egal ob eReader oder iPad – mögen praktisch sein, wenn es darum geht, eine ganze Reihe von Büchern, Zeitschriften, Magazinen mit zu nehmen. Die Mitreisenden wissen weder was ich lese, noch was ich noch so dabei habe. Und auch amm Strand, am Pool, im Zug, in der Hotel-Lobby – alle Leserinnen und Leser sehen irgendwie ‚gleich‘ aus. Und das ist ja vielleicht auch ganz schön: eigentlich geht es niemanden etwas an, was ich gerade lese.

Während man im öffentlichen Raum als Digital-Leser eine neue Privatheit findet, gibt man  gleichzeitig einen Teil seiner Privatsphäre auf bzw. an Konzerne, Verlage und vermutlich auch an Behörden ab. Und kurrioser weise ist genau das der Preis für die neu erlangte Provatheit im öffentlichen Raum.

Estland gewinnt Eurovision Song Contest 2015 [nicht]

Heute lehne ich mich mal ganz weit aus dem Fenster und behaupte einfach, dass Estlands Beitrag „Goodbye To Yesterday“ (Elina Born & Stig Rästa) den diesjährigen Eurovision Song Contest gewinnt.

Warum? Weil ich heute mit der Textzeile „I didn’t want to wake you up“ im Ohr aufgewacht bin. Und das lag nicht etwa am (nicht vorhandenen) Radiowecker oder irgendwelchen Nachbarn, oder Bauarbeitern die morgens um 7 Uhr diese eingängige Popmelodie laut gedreht hätten – nein – der Ohrwurm selbst hat mich geweckt! Und dann auch gleich mit der passendsten Textzeile bei mir ‚entschuldigt‘. Toll.

Ich habe den Song auch ehrlich gesagt erst einmal gehört – beim Semifinale am Dienstag. Inklusive der kleinen Einspieler ging der Song mir dann also ingesamt vielleicht anderthalb mal durch die Gehörgänge. Und wenn das bereits reicht, um zum Ohrwurm zu werden, dann hat „Goodbye To Yesterday“ ein ziemlich großes Hit-Potential.

Na wie auch immer – dann bin ich ja mal gespannt, wer dann am Samstag das ESC FInale letztendlich wirklich gewinnt. Soll ich wetten? Lieber nicht. FInnland wird’s jedenfalls leider nicht – so viel steht schon mal fest.

[Update] Schweden gewinnt… War ja schon abzusehen, dass ich daneben liege – aber es ging mir ja auch nicht wirklich um eine Prognose…

Sommerzeit-Zeitumstellung-Einstellung

Ob Sommerzeit oder Winterzeit – jedes Jahr dasselbe Anti-Spektakel: Experten in Funk und Fernsehen erklären uns die Sommerzeit, werten Umfrageergebnisse aus und versuchen mithilfe von Infografen uns den Sinn und Unsinn der Zeitumstellung zu erläutern. Und fast jede/r hat ’ne Meinung. Ich auch. Kurzfassung: Zeitumstellung abschaffen!

Die diesjährige Zeitumstellung von Winterzeit (Normalzeit) auf Sommerzeit möchte ich ausnahmweise mal nutzen, um meinen Senf zum allgemeinen Halbwissenskongress beizutragen:

Es bleibt nicht länger hell! Es wird nur früher spät!

Wir beeinflussen mit der Umstellung der Uhren nicht den Lauf der Sonne – sondern nur, wie wir die jeweilige Sonnenposition einordenen. Für Sonnenposition X haben wir in Mitteleuropa für den 28. März 2015 die Uhrzeit Y festgelegt – und am 29. März wird daraus ‚dank Zeitumstellung‘ eben Uhrzeit Y+1. An der Sonnenposition ändert das jedoch nichts. Ja, es fühlt sich vielleicht so an, als wäre es Abends länger hell – dem ist jedoch nicht so: die Natur, die Sonne, das Universum und der ganze Rest interessiert sich nicht für unsere Uhren* – und schon gar nicht für die Zeitumstellung. (*Bedingt leider vielleicht doch: immer wenn Tiere nach dem Zeitplan von Menschen leben müssen. Aber das führt jetzt ein bisschen weit.)

Zeitumstellung-Einstellung

So. Und wohin muss ich jetzt den Zeiger drehen, wenn ich die Uhr umstelle? Geht eine Stunde verloren? Bekomme ich eine Stunde geschenkt? Immer wieder dieselben Fragen – dabei kann man sich eigentlich ganz einfach merken, in welche ‚Richtung‘ die Uhren umgestellt werden: durch die Zeitumstellung (Winterzeit-Sommerzeit-Winterzeit) wird der Sommer quasi zwei Stunden kürzer – der Winter zwei Stunden länger. Das klingt erst mal ein wenig dramatisch, ist es aber eigentlich nicht – denn wie bereits beschrieben ändern wir mit der zeitumstellung ja nichts am Lauf der Dinge – und schon gar nicht an der Länge der Jahreszeiten. Trotzdem kann die Geschichte vom ‚verkürzten Sommer‘ aber natürlich gerne auch als Argument gegen die Sommerzeit bzw. Zeitumstellung verwendet werden.

Ach ja: Meine Meinung? Sommerzeit abschaffen? Zeitumstellung einstellen? Ja bitte! Jetzt!

Staatsverschuldung dank Rechenfehler überbewertet

Bereits im Juli 2013 erschien in der Wochenzeitung DIE ZEIT ein aufschlussreicher Artikel zum Thema Staatsverschuldung und Euro-Krise (Ausgabe  Nº 27/2013). Unter dem Titel „Verrechnet“ hatten Marc Brost, Mark Schieritz und Wolfgang Uchatius zusammengetragen, was sich Monate bzw. Jahre zuvor in den USA zugetragen hatte ein Student entdeckt einen Rechenfehler in einer Tabellenkalkulation, die Grundlage für die Bewertung von Staatsschulden ist und somit großen EInfluß über die Zukunft verschuldeter Staaten hat.

Der Artikel liest sich wie ein Krimi – fast wie ein Thriller. Bitter nur, dass er auch heute noch so altuell ist. Online kann man den Artikel hier im Print-Archiv von ZEIT ONLINE lesen:
www.zeit.de/2013/27/staatsverschuldung-rechenfehler-thomas-herndon

PS: EIgentlich wollte ich ja ein Fragezeichen hinter die Überschrift setzen – aber das würde ja andeuten, daß ich Zweifel an der Geschichte hätte – und die habe ich leider nicht. Sieht so aus, als hätten wir uns eine Menge Ärger ersparen können. Im schlimmsten Fall sind wir aber sogar jahrelang in die falsche Richtung gelaufen – und die „Hilfmaßnahmen“ haben die Schuldenkrise / Euro-Krise verschärft? Ha – an dieser Stelle ist ein Fragezeichen erlaubt.

Punks’n’Yuppies: Kill your Idols! Viva la Restauration!

Bei einem Spaziergang durch Berlins Mitte strahlten mir neulich in einem Schaufenster auf der Torstrasse diese zwei frisch gedruckten T-Shirts entgegen:

T-Shirts: Kill your Idols! Viva la Restauration!Kill your Idols!” und “Viva la Restauration!

Hauptmotiv beider T-Shirts war die missglückte Restaurierung eines Jesus Bildes, das seit einiger Zeit in einer Kirche in Borja im Nordosten Spaniens zu bewundern ist.

Großartig. Jetzt also auch noch sowas. Inzwischen frage ich mich aber besorgt, auf welcher Metaebene wir uns  hier eigentlich bewegen? Nebenbei bemerkt: zum Glück trage ich ja bereits seit Jahren grundsätzlich unbedruckte T-Shirts – ungefähr genau so konsequent, wie ich zuvor ausschließlich bedruckte T-Shirts trug. Aber das nur nebenbei.

I’m not a hipster!

Ein anderes T-Shirt verkündtete kürzlich “I’m not a hippster”. Kann man einem solchen T-Shirt trauen? Immerhin war die Straße, auf der dieses T-Shirt gesichtet wurde, nicht im Hipster-Atlas verzeichnet, der in der aktuellen Ausgabe des ZEIT Magazins zu finden ist („Wo die deutschen Hipster hausen“  ZEITmagazin Nº 39/2012). Aber dennoch geht es nicht um irgendeine Straße – sondern immerhin um die Kastanienallee im ‚hippen‘ Prenzlauer Berg – um eine Wohngegend also, die von Maklern generell gar nicht mehr ohne den Zusatz “Hip” ganannt werden kann. Aber so einfach ist das eben nicht – “Hip” ist längst nicht “Hipster”. Und so auch das Hipster-T-Shirt. Aber wird man nicht schon durch das tragen eines solchen un-hippen T-Shirts automatisch zum Hipster? Frei nach Monty Python: “Nur der wahre (Messias) leugnet seine Identität!”.

Punk died when the first kid said: “Punks not dead!”

Bei den Punks ist das ja anders. Nur wo Punk drauf steht ist auch Punk drin. Oder so ähnlich. Ich versuche ja schon seit Jahren bestimmten Gestalten Geschichten über London und Mode und Vivian und Malcolm zu erzählen – aber das ist gar nicht so einfach. Und manchmal kann das auch nach hinten losgehen. Tipp: versuche nie, einem Punk den Punk zu erklären.

Yuppies!

Vor einiger Zeit, vor unserem einstigen einsturzgefährdeten Studio-Büro stehend; zwei ca. 15 jährige “Punks” (ich vermeide hier jetzt lieber mal den Ausdruck “Fashion-Punks”) im Vorübergehen – uns zurufend “Yuppies!”. Großartig! Soll ich jetzt mit einem herzlichen “Punks!” zurückgrüßen? Ich weiß es nicht, lasse es lieber, und lasse mir stattdessen lieber freundlich lächelnd “Yuppies” auf der Zunge zergehen:

Young √
Urban √
Professional √

Naja, warum denn nicht? Schönkedan! Dankeschön! Also – ich fasse mal kurz mein damaliges Erscheinungsbild  zusammen: durchgelatschte Turnschuhe, abgewetzter Parker, schwarzer Kapuzen-Pulli, schwarze Jeans mit Armee-Gürtel – ungeschnitten anmutende Halblanghaar-Frisur auf dem Kopf. „Yuppie”? Also vor 10-20 Jahre war das meines Wissens nach noch ziemlich Punk. In der Urwortungsbedeutung – hab ich doch jedoch eigentlich gar kein Problem mit dem Begriff Yuppie..:)

PS: Also “Young Urban Professional” wäre dann ja auch mal’n Shirt wert, oder? Jetzt aber bitte nicht gleich anfangen, T-Shirts zu drucken…:)

Bye bye 60 Watt Glühbirne

Es gibt ja Quatsch und es gibt Quatsch – aber das Verbot von 60 Watt Glühbirnen gehört sicherlich in eine ganz eigene Quatsch-Kategorie: Richtig Quatsch.

In erster Linie tut es mir aus Design-Sicht weh zu sehen, wie ein nahezu perfektes Objekt mutwillig schlecht gemacht wird. Form und Funktion im Einklang, günstig zu produzieren, Ressourcen-schonend, halbwegs robust – und wenn der Birne mal das Licht ausgeht ist das Ding auch noch ziemlich unproblematisch zu entsorgen: ein bisschen Glas, ein wenig Metall, und irgendwas isolatorisches dazwischen – viel mehr gibt es da nicht zu trennen.

Der offizielle Hauptgrund für das Aus der Birne ist dann eigentlich auch noch ihr größter Joker: Licht und Wärme da, wo es benötigt wird. Die Familie sitzt am Tisch, die Esstischlampe wird angeknippst, die Birne strahlt Licht und Wärme. Das Höhlenfeuer des 20. und 21.Jahrhunderts, um das sich die Sippe zusammenkuschelt um sich zu nähren, sich zu sehen, sich zu wärmen.

Und was will uns die Politik die Lobby nun stattdessen verkaufen? Kaltlicht! Vermeintlich effizient, effektiv, stromsparend. Ein überteuertes HighTec-Verbundobjekt, das am Ende zu Sondermüll wird.

Grundsätzlich habe ich ja nichts gegen Neonlicht –  für jede Aufgabe sollte immer die optimale Lösung angestrebt werden – und es gibt unzähliche Aufgaben, die Kaltlichtröhre besser meistert, als die Glühbrine: Krankenhausflure, Baustellen, Strassenbeleutung — und an solchen Orten greift auch das Argument, die Wärmeabgabe der Glühbirne sei ein unerwünscher Nebeneffekt, uneffektiv, reine Energieverschwendung.

An dieser Stelle muss ich aber vielleicht noch schnell anmerken, dass ich nun auch nicht der Typ bin, der überall und immer Glühbirnen verwenden muss. Um ehrlich zu sein: bei mir zu hause ist nicht eine Birne im Einsatz. Und das seit Jahren. Ich habe aber mehere im Schrank. Und wenn ich irgendwann eine Lampe habe, die eben für den Betrieb mit Glühbirnen gestaltet wurde, dann möchte ich auch die passende Glühbirnen verwenden können. Verwenden dürfen. Weil mir gutes Design wichtig ist. Und weil es meine freie Entscheidung ist – und nicht irgendein zusammengeschraubtes Lobby-Gesetz.

siehe auch:

tillintallin:
5 gute Gründe, warum die Glühbirne nicht verboten werden sollte

Heatball:
www.heatball.de

Bulp Fiction:
www.bulbfiction-derfilm.com

Das Phöbuskartell:
http://de.wikipedia.org/wiki/Phöbuskartell

Die 110-jährige Glühbirne – The Centennial Bulb:
www.centennialbulb.org

Sonntags-Shopping-AUS – wie uns der Sonntag verkauft wird.

Karlsruhe hat entschieden, Kirchen und Gewerkschaften jubeln, Berlin hat verloren: der Sonntag soll in Zukunft (wieder) nicht mehr Shopping-Sonntag sein.

Wie konnte das passieren? Die Kirchen haben geklagt – und die Richter zitieren in ihrem Urteil letztlich nur das Grundgesetz – und hier steht die vor rund 100 Jahren festgelegte Regel, daß der Sonntag ‘heilig’ sei, und daß er zur Regeneration von Körper uns Seele diene. Vor rund hundert Jahren war ein solches Gesetz sicherlich auch dringend nötig: geschundene Arbeiter wurden regelrecht versklavt und mußten zu unmenschlichen Bedingungen teilweise 7 Tage pro Woche arbeiten. Das Gesetz 6-Tage-Gesetz schob dem einen Riegel vor.

Aber wie ist die heutige Situation? Fabrikarbeiter arbeiten ganz selbstverständlich nachts und an Sonn- und Feiertagen – schließlich schlafen die Kredite auch nicht und eine stillstehende Maschine kann sich keine größere Firma leisten. Das verstehen alle. Auch der Dienstleistungssektor arbeitet ganz selbstverständlich nachts und an Sonn- und Feiertagen – schließlich müssen Alte und Kranke rund um die Uhr betreut werden. U-Bahnen, Züge, Busse, Taxis fahren, Polizei, Feuerwehr und Ärzte sind bereit, im Notfall zu helfen. Zoos, Kinos, Theater und Museen sind natürlich auch sonntags geöffnet, und auch für die Gastronomie sind Sonntage wichtige Tage schließlich will man in seiner Freizeit ja was unternehmen, und sei es ‘nur’ lecker essen zu gehen, oder auf Kaffee und Kuchen ins Café am See oder so. Wer dann noch seine Sonntagszeitung liest, Radio hört oder Fernsehen sieht, hat gleich noch eine weitere durcharbeitende Berufsgruppe im Blick. Wer es aber lieber ruhig und mag, all dem Trubel entfliehen möchte und sich am heiligen Sonntag vielleicht lieber in die Kirche flüchtet, der kann das getrost tun – denn auch Priester und Pastoren arbeiten sonntags!

Es geht hier also nicht wirklich um Sonntagsarbeit – sonst müßte man konsequenter weise auch Fließbänder, Taxis und Züge stillstehen lassen, und bei Krankheit und Feuer auf den lieben Gott vertrauen. Worum geht es hier also wirklich? Es geht um Machtspiele. Der Spielball heißt ‘Sonntag’ und gespielt wird um unsere Zeit – wie wir sie verbringen dürfen – und wer das zu bestimmen hat. Viele dürfen/müssen ganz selbstverständlich sonntags arbeiten – wenn sie nicht gerade das ‘Glück’ haben, in einem 5- oder 6-Tage Beruf wie z.B. als Beamter oder als Verkäufer im Einzelhandel angestellt oder selbstständig zu sein. Wir dürfen sonntags ins Museum, in den Zoo und ins Kino gehen, und natürlich dürfen wir sonntags und an Feiertagen in die Kirche. Aber ‘Shopping gehen’ dürfen wir nun nicht mehr.

Und wie machen es andere Länder? Was ist mit den anderen Religionen – und ihren ‘Sonntagen’? Von Muslims und Juden wird hierzulande ja ganz selbstverständlich erwartet, daß sie sich in den Christlichen Rythmus einfügen. Aber darüber wird einfach nicht geredet. In anderen Ländern ist das anders. Beispiel U.S.A. – New York: Manche Geschäte sind Samstags geschlossen, andere Montags.  Der Sonntag aber ist für ‘die Stadt’ einer der wichtigsten Shopping-Tage. Wochenendtouristen bringen schnelles Geld, das einen nicht unerheblichen Teil des Gesamtumsatzes ausmacht. Und natürlich freuen sich auch die New Yorker über diesen Shopping-Tag: wann sonst  sollten denn all die Leute in Ruhe einkaufen gehen, die den Rest der Woche über arbeiten? Dabei wird das Shopping-Erlebnis auch gerne mal mit dem Gang zur Kirche kombiniert – in den U.S.A. geht das – schließlich sind die U.S.A. nicht nur für unbegrenzte Shopping-Welten bekannt, auch Religionen haben hier einen sehr hohen Stellenwert.

Abschließend würde ich mir ein ‘Verfallsdatum’ für Gesetze wünschen: jedes Gesetz, das länger als 25 Jahre in Kraft ist, sollte auf seinen Bezug zur Realität überprüft werden. Gesetze, die mehr als 50 Jahre auf dem Buckel haben, sollten einer besonders gründlichen Prüfung unterzogen werden. Und Gesetze, die älter als dieses Land sind, sollten umgehend außer Dienst gestellt werden. Im Klartet:  Ich habe einfach keine Lust mehr, meinen Freunden außerhalb dieser Republik zu erklären, daß wir hier nach Gesetzen leben, die älter sind als ‘the Nazis’.

mfG, t..