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Griechenland-Crowdfunding: Schuldenerlaß selbstgebastelt

So oder so oder so: heute ist ein historischer Tag. Vielleicht nicht ganz so historisch, wie andere Tage, aber immerhin etwas historischer, als beispielsweise der gestrige Tag war. Soweit zumindest die allgemeine Vermutung.

Zum Beispiel war heute vor 25 Jahren der letzte Tag der DDR-Mark gekommen. Ab dem 1. Juli 1990 wurde auch in Ostdeutschland mit der D-Mark gezahlt. Ein denkwürdiger Tag – die Währungsunion war damals ein wichtiger Schritt in Richtung wiedervereintes Deutschland – ein Wiedervereinigung ohne gemeinsame Währung wäre nicht möglich gewesen. Aber das sind historische Details, die heute vermutlich jedem einleuchten dürften.

Showdown – der Countdown läuft

Heute läuft aber auch die Zahlungsfrist aus – bis heute Abend (Mitternacht?) müßte Griechenland eigentlich 1.6 Milliarden Euro an den IWF zahlen, um weitere ‚Hilfs‘ (Kredite?) zu bekommen. Die griechische Regierung hat aber ja bereits angekündigt, diese Rate nicht zu zahlen – nicht zahlen zu können. Und wenn Griechenland diese Summe heute nicht an den IWF zahlt, droht die Staatspleite. Und aus dieser Pleite könnten sich Konsequenzen entwickeln, die am Ende vielleicht viel weitreichender sind, als wir uns das heute vorstellen können. Als Gedankenkonstrukt könnte vielleicht eine rückwärts-veraufende deutsch-deutsche Wiedervereinigung helfen. Aber auch das ist natürlich nur ein hilfloser Versuch, sich die möglichen Konsequenzen eines ‚Grexit‘ vor Auge zu führen.

Hilfe aus Rußland?

Es könnte natürlich auch noch passieren, dass wir heute Abend eine Botschaft von Vladimir Putin sehen dürfen – vielleicht zahlt Rußland ja die fällige Rate? Aber auch dieses Szenario möchte ich mir zunächst mal nicht allzu konkret vorstellen.

Crowdfunding

Eine andere Alternative könnte in der Solidarität der Europäer liegen. Ich habe in meinem vorherigen Blogeintrag ja bereits vor knapp zwei Wochen die Idee einer Crowdfunding-Aktion beschrieben – nun scheint sich jemand der Sache angenommen zu haben. Und während ich diesen Text hier schreibe ist die Summe der zugesagten Einzelzahlungen von €18765,- auf über €20000,-  €25000,- angewachsen. Es macht geradezu Spaß, den Zähler der Crowdfunding-Aktion zu beobachten. Hier der Link zur Crowdfunding-Aktion:

Greek Bailout Fund
CrowdFunding a bailout fund for Greece.
By the people, for the people.

Die Aktion nennt sich Greek Bailout Fund und läuft über den Anbieter indiegogo. Als ‚Preise‘ werden verschiedene natürlich typisch griechische Leistungen und DInge geboten: für die Zusage von €3,- bekommt man eine Postkarte aus Athen, für €6,- bekommt man einen griechischen Salat, für €10,- eine kleine Flasche Ouzo – für €5000,- einen all-inklusive-griechenland-Urlaub für zwei Personen.

Die Rechnung ist relativ einfach – die Masse machts: wenn 500 Millionen Europäer jeweils ein paar Euro in den Hut werfen, kann die aktuell anstehende Rate bezahlt werden – der erste Dominostein ist zunächst einmal gestoppt, die Kettenreaktion, von der niemand weiß, wohin sie führt, muss nicht zwangsläufig ihren Lauf nehmen.

Und wenn es nicht reicht? Wenn am Ende nicht 1.6 Milliarden Euro im Hut sind? Vielleicht reicht ja auch schon die positive Energie, die von diesem Projekt ausgeht, um die entscheidenden Entscheider zu inspirieren – und eine Lösung zu finden, die jenweis von Staatsbankrott und Grexit liegt.

PS: beim aktuellen durchschnittlichen Spendenvolumen von €14,71 müssten übrigens ’nur‘ ungefähr 108.769.545 – also knapp 109 Millionen Europäer ihre Solidarität mit Griechenland in Form einer Spende ausdrücken. Das Hashtag zur Crowdfunding-Aktion lautet überigens #crowdfundgreece

Griechische-Euro – Schuldenkrise Griechenland

PS: Hat eigentlich mal jemand ausgerechnet, was es kosten würde, alle im Umlauf befindlichen Euro-Scheine neu zu drucken? Oder würden man im Falle eines ‚Grexit‘ das griechische „EYPΩ“ einfach stehen lassen?

200 Milliarden Euro pro Tag – €2.650 pro Sekunde

Update: Um 13:42 Uhr steht der Zähler bei €60.838,-  bei 4030 Teilnehmern. Der Pro-Kopf-Betrag hat sich also auf c. €15,10 erhöht. Hurra! Allerdings gibt es da noch ein paar andere Zahlen: Es müssten ungefähr 200.000.000 pro Tag zusammen kommen – oder ca. €2.650 pro Sekunde, damit am Ende die erhofften 1.6 Milliarden Euro im Hut sind. Sportlich, aber machbar. Ich habe mir bei der Gelegenheit jedenfalls gleich noch eine Postkarte reserviert.

Update: Um 14:47 Uhr ist die Hunderttausend-Euro-Marke geknackt. Damit sind wir zwar immer noch nicht bei den angestrebten €2.650 pro Sekunde, aber immerhin bei ca. €39.000 pro Stunde:

Griechenland Crowdfunding-Aktion

Aber was passiert eigentlich, wenn Griechenland nun wirklich zahlungsunfähig wird und keine Hilfen bzw. keine neuen Kredite von außen kommen? Ich vermute mal folgendes Szenario, das sich erschreckend einfach formulieren läßt:

  1. Zunächst können Renten und Gehälter nicht gezahlt werden. Auch der öffentliche Dienst – Polizei, Gesundheitswesen, Militär – müsste wohl vorübergehend ohne Geld auskommen, bis eine Lösung gefunden ist.
  2. Dann müßte eine Parallelwährung eingeführt werden – oder Griechenland würde zur Drachme zurückkehren – der ‚Grexit‘.

Und wenn die griechische Regierung keine Parallelwährung einführt? …nicht zur Drachme zurückkehren will? …und keine Hilfen / Kredite von außen kommen? Dann – ja dann geht’s wohl weiter mit 1. – kein Geld…

Staatsverschuldung dank Rechenfehler überbewertet

Bereits im Juli 2013 erschien in der Wochenzeitung DIE ZEIT ein aufschlussreicher Artikel zum Thema Staatsverschuldung und Euro-Krise (Ausgabe  Nº 27/2013). Unter dem Titel „Verrechnet“ hatten Marc Brost, Mark Schieritz und Wolfgang Uchatius zusammengetragen, was sich Monate bzw. Jahre zuvor in den USA zugetragen hatte ein Student entdeckt einen Rechenfehler in einer Tabellenkalkulation, die Grundlage für die Bewertung von Staatsschulden ist und somit großen EInfluß über die Zukunft verschuldeter Staaten hat.

Der Artikel liest sich wie ein Krimi – fast wie ein Thriller. Bitter nur, dass er auch heute noch so altuell ist. Online kann man den Artikel hier im Print-Archiv von ZEIT ONLINE lesen:
www.zeit.de/2013/27/staatsverschuldung-rechenfehler-thomas-herndon

PS: EIgentlich wollte ich ja ein Fragezeichen hinter die Überschrift setzen – aber das würde ja andeuten, daß ich Zweifel an der Geschichte hätte – und die habe ich leider nicht. Sieht so aus, als hätten wir uns eine Menge Ärger ersparen können. Im schlimmsten Fall sind wir aber sogar jahrelang in die falsche Richtung gelaufen – und die „Hilfmaßnahmen“ haben die Schuldenkrise / Euro-Krise verschärft? Ha – an dieser Stelle ist ein Fragezeichen erlaubt.