Archiv der Kategorie: Medien

Radio-Kritik: Coverversionen von California Dreamin‘

Eben spielte Radioeins eine Coververion des Klassikers California Dreamin‘ – in einer Version von Bobby Womack.

Im Original ist der Song von The Mamas and the Papas. Soweit so gut. Dann sagt die Moderatorin, dass es sich dabei um einen häufig nachgespielten Song handele – es gebe 56 Coverversionen.

Als aktives Mitglied einer kleinen Band stieg bei mir gleich der Blutdruck, als diese Zahl einfach so als absolute Zahl präsentiert wurde. „Es gibt 56 Coverversionen“. Das ist falsch. Und für dieses Urteil muß ich nicht mal nachdenken. Richtig wäre gewesen: „Die deutsche Wikipedia-Seite zu California Dreamin‘ gibt an, dass es 56 Coverversionen des Songs gibt“ oder „mindestens 56 Versionen“ oder so ähnlich. Also entweder Quelle angeben – oder wenigstens die Zahl nicht als absolute Wahrheit präsentieren.

Jeder, der mal in einer Band gespielt hat, oder auch nur entfernt mit Musikern zu tun hatte sollte doch wissen, dass es im Prinzip zu jedem halbwegs bekannten Song zahllose Coverversionen gibt. Natürlich wurden nicht alle Coverversionen im Studio aufgenommen – und nicht alle im Studio aufgenommen Versionen wurden veröffentlicht. Und nicht alle veröffentlichten Versionen wurden bekannt. Und nicht alle bekannten Versionen sind in der deutschen Wikipedia zu finden. Im Verzeichnis www.whosampled.com sind zum Beispiel zurzeit 74 Versionen zu finden. Es dürfte aber noch sehr viel mehr geben.

Ich würde mir ein wenig mehr Sorgfalt wünschen – auch bei so kleinen Details. Sorgfalt würde in diesem Falle Vorsicht bedeuten. Kein Mensch kann sagen, wieviele Coverversionen es von diesem oder jenem Song gibt. Wer behauptet, die absolute Zahl zu kennen, erscheint mir leider wenig glaubwürdig.

Gutes Wetter Schlechtes Wetter

Es gibt Dinge, die sind so dumm und ärgerlich, dass man sie eigentlich einfach nur ignorieren möchte. Und dann gibt es Dinge, bei denen ist das ignorieren schon zu anstrengend – man möchte sie quasi nicht einmal ignorieren müssen. Und dann wieder gibt es Dinge, da hilft das ignorieren einfach nicht – oder zumindest fällt es mir leichter, kurz darüber zu schreiben, als zu versuchen, die Sache zu ignorieren. Und sei die Sache auch noch so banal. Soweit die Vorwarnung.

Seit einiger Zeit läuft auf Radio Eins die etwas unglückliche Diskussion, was denn nun eigentlich „Gutes Wetter“ oder vielmehr „Schönes Wetter“ ist – und was demzufolge „Schlechtes Wetter“ ist. Dabei ist „Diskussion“ etwas zu hoch gegriffen. Es gab wohl Beschwerden von einzelnen Hörern, dass Sonnenwetter immer (immer!) als Schönes Wetter bezeichnet wurde. Und nun versuchen sich die Moderatoren halbwegs *lustig* mit dieser Kritik auseinander zu setzen.

Grundsätzlich finde ich das Thema ja auch ganz amüsant. Diskussionen um das Wetter können ja fast schon philosophische Züge annehmen. Aber leider ist bei den lieben Kollegen kaum abzusehen, dass sich irgendwann Verständnis oder sogar Einsicht einstellen würde, warum es von vielen Hörern als falsch empfunden wird, Sonnenschein mit „Schönem Wetter“ gleichzusetzen.

Heute lief mein persönliches Fass dann über: draussen sei es wohl „gemütliches Wetter oder eben mieses Wetter – je nachdem, auf welcher Seite der Scheibe man steht“. Wie ist das denn zu verstehen?! Es geht doch nicht darum, dass manche Leute vielleicht Regenwetter lieber mögen, als Sonnenschein – und dementsprechend vom Radiomoderator erwarten würden, dass er Regenwetter als „Schönes Wetter“ bezeichnen würde. Zumindest geht es mir nicht darum. Mein subjektiver Eindruck vom Wetter ist eine ganz andere Geschichte – egal, ob dieser wohlmöglich von dem persönlichen Empfinden des Radiomoderators abweicht, oder nicht.

Eigentlich sollte es doch ganz einfach sein: mir persönlich geht es jedenfalls einfach nur um Journalismus – und zwar um guten Journalismus. Dazu gehört auf jeden Fall eine einigermaßen wertneutrale Berichterstattung. Und der Wetterbericht ist meinem Empfinden nach ein Teil der Berichterstattung – des journalistischen Angebots – Teil der Nachrichten. Und ich meine, es wäre nun wirklich nicht zu viel verlangt, die persönlichen Präferenzen einfach mal von der reinen Berichterstattung zu trennen – eben auch beim Wetterbericht. Sonnenschein ist zunächst einfach mal Sonnenschein – und Regen ist Regen. Ob das nun schön, oder gut, oder schlecht ist – darüber kann man vortrefflich abendfüllend diskutieren. Frag doch zum Beispiel mal einen Landwirt, ob 10 Tage Sonnenschein wirklich „schönes Wetter“ sind! Frag mal einen Allergiker, ob ein Regenguss im Hochsommer wirklich „schlechtes Wetter“ ist!

In diesem Sinne – einen schönen Herbst!

Estland gewinnt Eurovision Song Contest 2015 [nicht]

Heute lehne ich mich mal ganz weit aus dem Fenster und behaupte einfach, dass Estlands Beitrag „Goodbye To Yesterday“ (Elina Born & Stig Rästa) den diesjährigen Eurovision Song Contest gewinnt.

Warum? Weil ich heute mit der Textzeile „I didn’t want to wake you up“ im Ohr aufgewacht bin. Und das lag nicht etwa am (nicht vorhandenen) Radiowecker oder irgendwelchen Nachbarn, oder Bauarbeitern die morgens um 7 Uhr diese eingängige Popmelodie laut gedreht hätten – nein – der Ohrwurm selbst hat mich geweckt! Und dann auch gleich mit der passendsten Textzeile bei mir ‚entschuldigt‘. Toll.

Ich habe den Song auch ehrlich gesagt erst einmal gehört – beim Semifinale am Dienstag. Inklusive der kleinen Einspieler ging der Song mir dann also ingesamt vielleicht anderthalb mal durch die Gehörgänge. Und wenn das bereits reicht, um zum Ohrwurm zu werden, dann hat „Goodbye To Yesterday“ ein ziemlich großes Hit-Potential.

Na wie auch immer – dann bin ich ja mal gespannt, wer dann am Samstag das ESC FInale letztendlich wirklich gewinnt. Soll ich wetten? Lieber nicht. FInnland wird’s jedenfalls leider nicht – so viel steht schon mal fest.

[Update] Schweden gewinnt… War ja schon abzusehen, dass ich daneben liege – aber es ging mir ja auch nicht wirklich um eine Prognose…

Varoufakis‘ Mittelfinger, Kontext und Kausalität (und Ai Weiwei)

Ob Griechenlands amtierender Finanzminister 2013 während eines Vortrags den Mittelfinger gehoben hat oder nicht soll hier jetzt mal nicht Thema sein. Ich gehe davon aus, dass es so ist  – denn selbst in dem von Varoufakis in einem Tweet verbreiteten ‚unbehandelten‘ Videomitschnitt ist sein Mittelfinger deutlich zu sehen. Mich interessieren eher die Gründe und der Zusammenhang – und was daraus gemacht wurde.

Wie einige Medienforensiker schon bemerkten wurde in der ARD-Talk-Sendung Günther Jauch der Wortlaut des damals gesagten nicht ganz korrekt – und vor allem nicht zu Varoufakis‘ Vorteils übersetzt. Da kann man schon Absicht unterstellen – denn wer sich den Mitschnitt des Vortrags ansieht muss feststellen, dass Varoufakis‘ lediglich darüber lamentiert, was ‚Griechenland in 2010 hätte machen können / machen sollen: so wie Argentinien den Staatsbankrott bekanntgeben – und so wie Argentinienen dem IWF den Mittelfinger gezeigt hatte, so hätte Griechenland Deutschland den Mittelfinger zeigen können („my proposal was…„).

Ein paar Minuten später erläuter Varoufakis dann aber, warum dieser Weg („der argentinische Weg“) unmöglich gewesen wäre: Argentinien hatte zum Zeitpunkt der Staatspleite eine eigene Währung – Griechenland hatte in 2012 keine eigene Währung. Alles (inklusive Mittelfinger) also nur Spekulation und von Varoufakis persönlich für unpraktikabel erachtet.

Nun kommen wir zur Kausalität: wer den Mitschnitt des Vortrags bis zur Stelle 44:30 vorspult wird an der hinteren Wand des Veranstaltungsraums ein Poster  mit einer weltberühmten Geste entdecken können: Ai Weiwei streckt den Mittelfinger in Richtung Chinesisches Machtzentrum. Vielleicht war dieses Poster, das Varoufakis während des gesamten Vortrags im Blickfeld gehabt haben muss, Inspiration zu der Begrifflichkeit „Showing the Finger“? Ich denke schon. Es sei ihm bitte nachgesehen.

Hier das Video: https://www.youtube.com/watch?v=MEUWxNifJJ8
Bei 40:30 sieht man Varoufakis‘ Mittelfinger – und bei ca. 44:30 sieht man das Ai  Weiwei Plakat.

siehe auch :

PEGIDA bei Jauch – und AfD auch

Es wurde ein bisschen so angekündigt, wie die Mondlandung: Sensationell – erstmals besucht eine offizielle Vertreterin von PEGIDA eine Talkshow – stellt sich der Diskussion, spricht mit der Presse. Naja – also Pegida-Mitorganisatorin Kathrin Oertel saß am Sonntagabend in der Talkshow von Günther Jauch im Stuhlkreis. Und auch Ex-Bundestagspräsident Wolfgang Thierse war da, und Frank Richter, der die sächsische Landeszentrale für politische Bildung leitet und schon ‚offene Diskussionsrunden zum Thema …‘ veranstaltet hat, die offenbar auch von vielen Bürgerinnen und Bürgern besucht wurden, die wohl auch PEGIDA-Veranstaltungen besuchen. Und mit Jens Spahn von der CDU und Alexander Gauland von der AfD waren auch zwei aktive Politiker anwesend. So weit so gut.

Nachdem ich Montag früh bereits ein wenig über den Verlauf der Diskussion gelesen hatte war die Montagabend-Planung beschlossen: wir gucken uns die Wiederholung der Sendung an. Und es hat sich gelohnt – fast alle meine Vorurteile haben sich bestätigt – fast alle Klischees wurden bedient: gewohnte „ganz-normales-Volk“-Rhetorik von Kathrin Oertel, plumpe Stimmenfangversuche von Alexander Gauland, ungekonnt naiv-gespielte Moderation von Günther Jauch, und aus Wolfgang Thierses Richtung gewohnt vernünftige, grundehrliche Demokratiekompetenz. Nur Frank Richter musste zwischendurch dann mal einwerfen, dass Demonstrationen ja auch eine Art gelebter Demokratie seien.

Überrascht hatte mich dann eigentlich nur der Mann von der CDU, der es verstand, verschiedene Bälle gekonnt zurückzuspielen, die ich so gar nicht als zurückzuspielbare Bälle wahrgenommen hatte. Zum Beispiel lägen Alexander Gauland doch die Werte Religion und Familie so nahe – und das sei bei vielen muslimischen Familien ja auch so.

Der Titel der Sendung „Politik trifft auf Protest“ war vielleicht ein bisschen hoch gegriffen. Aber das weiss man ja vorher nicht, wenn der Titel beschlossen wird. Am Ende hatten irgendwie fast alle verloren – aber es war offensichtlich trotzdem gut, mal darüber geredet zu haben.

siehe auch:

zeit.de „Pegida bei JauchVorsicht vor dem Volk
www.zeit.de/politik/deutschland/2015-01/guenther-jauch-pegida

spiegel.de „Pegida-Talk bei Günther Jauch: Sarrazin lässt grüßen
www.spiegel.de/kultur/tv/pegida-frontfrau-kathrin-oertel-erinnert-bei-guenther-jauch…

faz.net „TV-Kritik: Günter Jauch – Stuhlkreis statt Aufklärung
www.faz.net/aktuell/feuilleton/medien/tv-kritik/tv-kritik-guenter-jauch-zu-pegida…

sueddeutsche.de „Dialog braucht mehr als Parolen
www.sueddeutsche.de/medien/pegida-bei-jauch-parolen-sind-kein-dialog…

In der ARD Mediathek kann man sich die Talkshow noch mal komplett ansehen. Muss man aber nicht.
www.ardmediathek.de/tv/G%C3%BCnther-Jauch/Politik-trifft-auf-Protest-Pegida…

Bookmarks: UX, ISS, Dronen, Fluxkompensator

Zeit für einen Neustart – und da mache ich dann auch gleich ein paar Tabs zu. Ein paar Sachen/Seiten/Videos will ich mir aber vielleicht auch später noch mal ansehen – daher hier eben die Links als öffentlich zugängliche Bookmark-Liste:

  • UX is Dead! Da schliesst sich für mich mal wieder ein kleiner feiner Kreis. Ich versuche mal in zwei Sätzen zu beschreiben, worum es geht: im Grundstudium (Industrial Design, UdK Berlin) brachte man uns bei, die Dinge strategisch, abstrakt, ganzheitlich zu betrachten. Nicht das Ding selbst, sondern die Funktion, die Aufgabe des Dings musste zunächst ergründet werden – anschliessend die Gestaltung entsprechend der Funktion gestaltet: “Form follows Function”. In eine ähnliche Richtung geht der Text von Paul Gibbin. Dabei öffnet er das UX-Design-Feld in Richtung Strategisches Design und kommt schliesslich zum Service Design… Der Titel “UX is dead!” ist eigentlich nicht passend – aber natürlich wunderbar provovierend. Das weiter Feld der User Experience – von der UX-Konzeption bis zum UX-Deisgn ist alles andere als tpt. Aber es ist wichtig, sich hin und wieder über die ROlle des UX-Designs klar zu werden – und dass UX immer nur ein Teil, wenn auch ein sehr konkreter Teil eines Großen Ganzen ist.
    Ich weiss, das ist jetzt alles nicht wirklich umwerfend neu – und es gibt jede Menge Bücher und Aufsätze und Vorträge zum Thema. Aber dann ist es doch auch ma ganz schön, den ganzen Salat in einem überschaubaren und gut verständlichen Text nachzulesen. Und besonders erfrischend ist die anschliessend Dikussion in der Kommentarliste.
    UX is dead! Long live UX!
    www.weareexperience.com/ux-is-dead
  • UX-Design ‘für Beginner’: UX-Designer Catt Small hat eine Fragen- und Antwortenliste verfasst, die für angehende UX-Designer interessant sein dürfte: “Advice for New UX Designerscattsmall.com/2014/05/advice-for-new-ux-designers via Kollege @gona
  • Online vs. Print: “Journalismus mit und ohne Kapuze – Print und Online: Das hinterletzte Gefecht” lautet die Überschrift eines Tagesspiegel-Artikels, der zusammenfasst, was sich hinter der sohn. Hoodie-Journalismus-Debatte verbirgt. Interessant – nicht nur für Leute mit Kapuzenpulli:
    www.tagesspiegel.de/medien/digitale-welt/journalismus-mit-und-ohne-kapuze-print-und-online-das-hinterletzte-gefecht/9685336.html?mobile=false
  • Digital Natives: “Liebeserklärung an das Internet Offline bin ich nur, wenn ich schlafe” auf stern.de: www.stern.de/digital/online/liebeserklaerung-an-das-internet-offline-bin-ich-nur-wenn-ich-schlafe-2092881.html
  • Streichholz-Space-Station: Pat Acton hat die ISS im Maßstab 1/13 aus ca. 280.000 Streichhölzern nachgebaut – inklusive Space Shuttle: “Man makes giant 13.4-foot-long space station with 282,000 matchsticks”
    Die Geschichte bei Gizmodo: sploid.gizmodo.com/this-model-space-station-used-282-000-matchsticks-and-8-1572860171
    Die ISS im Matchstick Marvels Museum, Iowa – inklusive Fotos von der Bauphase: www.matchstickmarvels.com/in-the-works
  • Dronen-Orchester: “Flying Robot Rockstars” – eine Gruppe Dronen spielt “Also sprach Zarathustra” (Filmmusik zu Kubricks 2001 a space odyssey / Odyssee im Weltraum) bei Wired.com: “Watch Drones Play the 2001: A Space Odyssey Theme” www.wired.com/2014/04/watch-a-some-drones-play-the-theme-from-2001-space-odyssey/ und bei YouTube: www.youtube.com/watch?v=Qlqe1DXnJKQ
  • Fluxkompensator kaufen: den “Flux Capacitor Car Charger” kann man bei ThinkGeek bekommen. Der Fluxkompensator sieht natürlich aus wie ein Fluxkompensator, blinkt, passt in jeden Zigarettenanzünder / Auto-Strombuchse und kann über USB zwei Geräte laden. Und natürlich handelt sich dabei um einen offiziell lizensierten Back to the Future Merchandize Artikel www.thinkgeek.com/product/1ba1/
  • NYC-Video-Flüge: Testflüge mit Kamera-Drone in New York City “First Flight Of The Phantom” von Nicolas Doldinger http://vimeo.com/70321282
  • Die Stimme von Siri: die Frau, die Siri ihre Stimme gab “Meet Susan Bennett, the Real Voice Behind Siri”  http://technorati.com/technology/article/meet-susan-bennett-the-real-voice/
  • Wahrsager-Fehlanzeigen: eine Sammlung einiger der schiefgelaufendsten Vorhersagen. Dabei ist schon der Begriff “Vorhersagen” hier falsch, weil ja eben nichts vorhergesagt wurde bzw. nichts von dem eintraf, was vorhergesagt wurde: “Some of the Worst Failed Tech Predictions Ever” sploid.gizmodo.com/some-of-the-best-foot-in-mouth-quotes-you-will-ever-rea-1561510802/1561525530
  • Firefox Classic Theme: seit dem Update auf Firefox 29 sah der gute Fuchs nicht mehr so richtig gut aus – die Tabs zu rund und un-getrennt, irgendwie zu Chrome-ig. Aber es gibt ja für alles ein Plug-In:  Classic Theme Restorer (Customize Australis) 1.1.8 von Aris addons.mozilla.org/de/firefox/addon/classicthemerestorer

Tagesschau im neuen Design

Wow: 23,8 Millionen Euro hat das neue Studio der Tagesschau gekostet. Da kann ich zur Feier des Tages ja auch mal einen etwas längeren Beitrag schreiben.

23,8 Millionen Euro – das entspricht ungefähr 1,3 Millionen GEZ-Monatsberiträgen – oder umgerechnet 110.000 Jahren GEZ-Gebühr. Immerhin wird das neue Studio wohl wenigstens die nächsten 10 Jahre ‘DAS’ deutsche Nachrichtenstudio sein – mit diesem Hinweis wurde uns das neue Studio in der heutigen Ausgabe der Tagesschau zumindest vorgestellt. Ob das neue Studio dann wirkich 10 Jahre lang hält, werden wir in 10 Jahren wissen – oder früher.

Aber zum Ostersamstag gab es nicht nur ein neues Sudio zu sehen: das gesamte Sendungsdesign, also Screen-Design. Infografiken, Wetterkarte, Fussball-Tabelle, Opening-Animation und sogar die Tagesschau-Hymne wurden überarbeitet – bzw. neu gestaltet. Aber der Reihe nach…

 

Die 18m lange Medienwand

Die auffälligste technische Neuerung ist vermutlich die knapp 18m lange Medienwand, auf die großflächig Bilder, Videos, Infografiken und andere Zusatzinforationen projiziert werden können, um so Nachrichten, Geschichten und Berichte mit Zusatzinformationen live im Studio anzureichern. Oder sollte man sagen ‘aufzuhübschen’? Vor allem für längeren Formate – die Tagesthemen und das Nachtjournal dürfte diese technische Neuerung interessant sein. Bei der Tagesschau ist der Vollbild-Hintergrund zunächst ein wenig gewöhnungsbedürftig – der Mehrwert nicht gleich zu erkennen.

Sicherlich mag es von Vorteil sein, dass der Moderator nun dasselbe Bild sehen kann, wie die Zuschauer (zumindest wenn er sich während der Sendung der Medienwand zuwendet) und bestimmt gilt irgendiwe auch der Grundsatz “mehr ist mehr”. Aber wenn der Hintergrund bzw. das Bild zur Meldung nun nicht mehr freistehend eingerahmt ist, lässt sich eine Interaktion mit dem Moderator kaum vermeiden. Auf der Medienwand gezeigte Köpfe erscheinen größer, als der Moderatorenkopf, der Moderator sitzt plötzlich mitten im Geschehen – mitten in der Nachricht. Das bedeutet aber auch, dass der Moderator einen großen Teil des Bildes verdeckt. Dabei ist der untere Teil schon von Text überlagert. Das lenkt ab – das nachrichtliche Bild wird zum dekorarativen Bild – die visuelle Dokumentation wird zur Dekoration. Zum Glück scheint es für schwierige Bilder auch eine zweite Einstellung zu geben: Bilder, die sich nicht für eine Überlagerung bzw. als vollflächiger Hintergrund eignen werden dann nicht vollflächig aufgezogen, sondern sitzen oben links in der Ecke. Immerhin.

Helligkeit / Kontrast

Zudem haben die Bilder einen etwas geringen Kontrast, als früher. Das ist vermutlich nicht Absicht, sondern der Projektionstechnik zu ‘verdanken’ ist. Es ist technisch einfach schwierig, einerseits den Moderator optimal auszuleuten, andererseits rückwärtig Bilder und Texte zu projizieren. Eine Frage von Licht und Gegenlicht. Dreht man die Beamer auf 11 sitzt der Moderator plätzlich im Schatten – im Gegenlicht.

Ob gewollt oder nicht – der geringe Kontrast bzw. die blassen Farben geben der Präsentation einen gewissen Retro-Look. Cool. Aber durch die unterschiedliche Tiefe (der Moderator sitzt nun physisch wahrhaftig VOR dem Bild) scheint das Bild sowie der Infoträger (Schlagzeile und Meta-Headline) auch leicht unscharf zu sein. Nicht cool.

Immerhin können sich die Moderatoren nun auch frei durchs Studio bewegen – oder – müssen sie sich jetzt frei bewegen? Caren Miosga sah jedenfalls irgendiwie nicht so richtig begeistert aus, als sie darauf hinwies, dass man künftig auch ihre Beine und wohlmöglich sogar ihre Füße sehen würde. Der Tagesschau-Crew bleibt das zunächst wohl erspart.
Am Bauch nach unten hin abgeschnitten zu sein kann ja auch ein gewisses Maß Freitheit bedeuten: Moderatorin Judith Rakers hatte auf ihrer Facebook-Seite vor kurzem Einblicke ein Foto gepostet, auf dem man sie in voller Größe sehen konnte: oberhalb der Tischkante im seriösen Blazer, unterhalb des Tisches in Röhrenjeans und Boots.
Werden die Nachrichten dadurch besser? Ja – und nein. Natürlich ändert ein technisch hochgerüstetes Studio nichts an der eigentlichen Meldung – und hoffentlich auch nichts an der journalistischen Leistung – aber die Meldung lässt sich unter Umständen besser erzählen, besser erklären, besser einordnen. Oder zumindest zeitgemäß präsentieren.
Ach ja: die Möbel: der neue Tagesschau-Tsch erinnert ein wenig an den heute-Tisch des ZDF? Das kann gut sein – die Gestalltung stammt in beiden Fällen von dem Designer Jürgen Bieling bzw. seinem Münchener Designbüro Bieling Design (www.billionpoints.de).
Die erste Sendung aus dem neuen Studio wird am Ostersamstag 2014 zu sehen sein.

Neue Anfangsmelodie

Ja, und auch die Tagesschau-Hymne wurde dann auch gleich neu komponiert – oder zumindest überarbeitet – und klingt jetzt etwas geschmeidiger, etwas softer, weniger fanfarig, mehr Teppich. Die aktustische Sendungskennung von Tagesschau 24 ruft bei mir allerdings irgendwie die Assoziation “Rechner wird hochgefahren” hervor: irgendwas zwischen Windows XP und Apple OS 9. Dabei meine ich das durchaus als Kompliment – immerhin stammt der XP Klang ja von Brian Eno, und der Klang eines frisch gestarteten Apple Computers ist einer der schönsten System-Sounds, die mir bisher begegnet sind. Und nun reiht sich also Tagesschau 24 in diese Klang-Reihe ein – nicht schlecht. Vor allem verschwindet damit auch das nervige “Tääh-Tääh” Singnal, das bisher die Kurznachrichten markierte.

Ein Studio für alle Formate

Ach ja: die eigentliche Neuerung bleibt aber auf den ersten Blick aber verborgen: nicht nur das Design und das Audio-Branding der Tagesschau, der Kurznachrichten Tagesschau24 UND der Tagesthemen wurden überarbeitet – nun werden alle drei Formate auch in demselben Studio produziert. Damit wird das neue Studio eigentlich rund um die Uhr genutzt.

Meinungen

Und was sagen die Zuschauer? Was sagt das Publikum? Was sagt die Presse? Die Meinungen könnten kaum weiter auseinander gehen. Für manche scheint eine Welt zusammen zu brechen – andere begrüßen die Neugestaltung, das neue Studio, die neue Melodie, das Face-Lift, das Re-Design. Aus bei der Wahl der Bezeichnungen herrscht Uneinigkeit.

Die Berliner Morgenpost befindet, die Tagesschau-Melodie sei ‘zu viel des guten’. Bei der Modernisierung sei man über das Ziel hinaus geschossen, zu viel Streicher, zu viel emotionaler Schmelz. Unter der Überschrift “Wenn die ‘Tagesthemen’ zum Hollywood-Melodram werden” werden auch gleich die Gründe ausgelotet: Komponist Henning Lohners habe bislang eben vorwiegend Musik für Kinofilme geschrieben.
www.morgenpost.de/…/Wenn-die-Tagesthemen-zum-Hollywood-Melodram-werden.html

Bei Spiegel Online ist man schon etwas wohlwollender gelaunt: der einläutende Gong klinge irgendwie fernöstlich – “Gut so”. Wer die Tagesschau verändere, der verändere auch die Inneneinrichtung Millionen deutscher Haushalte – und da könne ein wenig Feng-Shui nicht schaden.
www.spiegel.de/kultur/tv/tagesschau-neues-studio-der-nachrichten-in-der-ard-…
Und was sagen die Zuschauer? Wenn man die Kommentare des Tagesschau-Blogs durchscannt bekommt man einen ganz guten Eindruck: die Meinungen gehen zum Teil weit auseinander. Ich verkneife mir hier jetzt mal eine Zusammenfassung.
meta.tagesschau.de/id/84528/die-neue-tagesschau-tradition-trifft-zukunft
Ach ja: Zitat des Abends: Jan Hofer: “Ich wusste nicht, dass ich noch mal so nervös sein kann.”

Siehe auch:

“Neues Tagesschau-Studio – Bewährter Inhalt, neuer Look”
www.tagesschau.de/inland/studio140.html

“Neues Tagesschau-Studio – Jetzt geht’s los”
www.tagesschau.de/inland/studio102.html

“Im neuen Tagesschau-Studio gibt es Caren Miosga auch mit Füßen”
www.morgenpost.de/berlin-aktuell/article127021269/Im-neuen-Tagesschau-Studio…

Und noch ein Medienpreis

Großartig, was es doch alles gibt: gestern hatte ich ja schon meine persönliche kleine Überdosis Medienpreise – aber das ist eine andere Geschichte. Jedenfalls tut es bei der Gelegenheit ziemlich gut, zu sehen, dass es auch Medienpreise gibt, bei denen es richtig um etwas geht. Und ich möchte das jetzt nicht lustig oder ironisch oder zynisch interpretiert bekommen, auch wenn der Preis vielleicht ein bisschen lustig oder ironisch oder zynisch gemeint ist. Und eigentlich ist der Preis auch ein Anti-Preis – und die Gewinner sollten sich vielleicht mal an die eigene Nase fassen und ein paar Gedanken darüber machen, was sie da tun – und wie sie es tun. Aber vermutlich wissen sie gar nicht was sie da tun und insofern könnte es auch sein, dass dieser Medienpreis wieder nur eine weitere Perle vor die Säue – äh – Schweine – äh – whatever…

Jedenfalls bin ich gestern aus aktuellem Anlass auch wieder auf das großartige Missy Magazine aufmerksam geworden. Anschliessend (heute) habe ich dann auch endlich mal wieder die Webseite (www.missy-magazine.de) durchstöbert und 1-2-3 Klicks später las ich dann das Interview “Homophobie ist keine Meinung” mit Nele Tabler (Autorin und Bloggerin www.karnele.de), in dem es unter anderem auch um die haarstäubende Petition “Besorgter Eltern” geht. Ich will da jetzt aber mal lieber nicht weiter drauf eingehen – sonst gehe ich ein.

Jedefalls (…srry für das lange Intro…) hat die gute Nele auch noch ein anderes Projekt zu laufen: einen Medienpreis, der  Medienköpfen aus Funk und Fernsehen verliehen wird. Man kann sich nicht bewerben, man kann sich nicht einkaufen – und die Jury ist auch nicht unabhängig – ein Medienpreis, wie man ihn sich wünscht: der „Goldene Medienpimmel“.

Ich kann und will nicht weiter auf die genauen Umstände des Preises eingehen – das sollte eigentlich auch alles ziemlich selbsterklärend sein – insbesondere wenn man sich die Nominierungen bzw. die Liste der Preisträger durchliest. Wer es dennoch etwas genauer wissen möchte ist gut beraten, den Artikel “Öffentlich-Rechtlicher Bildungsauftrag: Frauen fragen, Männer antworten. Verleihung Goldener Medienpimmel 2013” zu studieren – da steht eigentlich alles…
Und die Gewinner sind…

In der Kategorie Polittalk… – …ach nee – lieber keine Spoiler – selber gucken:
hier: www.goldenermedienpimmel.de

Schumachers Skiunfall in der Tagesschau

Erst wollte ich mich nicht weiter mit dem Thema befassen – ignorieren ist ja manchmal schon anstrengend genug. Natürlich tut es mir für Michael Schumacher und seine Familie unendlich leid – und ich wünschte, dass dieser Unfall nie passiert wäre. Aber darum geht es in diesem Blogeintrag nicht. Thema dieses Blogeintrags ist die Berichterstattung über Schumachers Skiunfall in der Tagesschau.

Ich kann ja verstehen, dass ein öffentliches Interesse an Schumachers Gesundheitszustand besteht. Immerhin ist Schumi einer der prominentesten Sportler – seine Beliebtheit dürfte die vieler Politiker und Musiker weit übertreffen. Die Massivität, mit der der Unfall aber in der Tagesschau und in den Tagesthemen ausgewalzt wurde erscheint mir aber im besten Falle unangemessen. Und ja: mein erster Gedanke war auch, dass es sich bei dem Thema doch um ein klassisches Boulevardthema handelte. Das soll nun nicht despektierlich klingen – aber wenn ein Sportler in seiner Freizeit einen Unfall hat, dann ist das nun mal rein technisch keine Weltpolitik. Und das erwarte ich von der Tagesschau vor allem: einen Überblick über die Weltpolitik – und dass mir die wichtigsten Meldungen und Ereignisse verständlich eingetütet werden.

Nun hat auch die Tagesschau sich in einem aktuellen Blogeintrag kritisch mit der eigenen Berichterstattung auseinandergesetzt. Oder sollte man passender weise lieber sagen, dass man sich anlässlich der zum Teil sehr emotionalen Diskussionen zum Thema genötigt sah, eine Art Stellungnahme zu veröffentlichen? Und das finde ich nun wiederum hochinteressant:

blog.tagesschau.de/2014/01/02/michael-schumacher-in-der-tagesschau

Chefredakteur Dr. Kai Gniffke befasst sich inbesondere auch mit dem Vorwurf, ein vermeintliches Boulevardthema wiederholt zur wichtigsten bzw. ersten Meldung gemacht zu haben. Aber für ihn bzw. die Tagesschau handelt es sich eben nicht um einen ‘normalen’ Skiunfall – “Wenn zwei Menschen das gleiche tun, ist es nicht das gleiche“

PS: müsste es nicht heissen “Wenn zwei Menschen das gleiche tun, ist es nicht das dasselbe“? Na egal.

Die Top10 der illegalen Film-Downloads

Endlich mal eine “etwas andere” Top-10 Liste: die Top10 der illegalen Film-Downloads sind immer für die aktuell abgelaufene Woche auf piracydata.org einsehbar. Und das beste an der Sache: die Statistik hat auch noch einen gewissen kritischen Unterton, der einen interessanten Blickwinkel auf die Film-Piraterie wirft: sind die Filme denn überhaupt legal als Online-Stream, Online-Download oder in einer Online-Videothek erhältlich?

In der vergangenen Woche waren jedenfalls 4 von 10 Filmen gar nicht online erhältlich, 6 Filme konnte man immerhin schon über das Internet käuflich erwerben – ob als DVD oder als Download geht aus der Statistik nicht hervor.

Drei Filme waren darüber hinaus auch als Leig-Version ind Online-Videotheken verfügbar – keiner der Top10 Filme konnte legal über das Internet gestreamt angesehen werden.

Ganz ehrlich: wenn ich mir Emmerichs White House Down schon angucken muss, dann doch wenigstens im Kino. So auf dem heimischen Display macht der ganze Hollywood-Quatsch doch sowieso keinen Spass.

via netzpolitik.org