Die Britische Premierministerin Theresa May war gerade in den USA. Gestern gab es ein erstes Gespräch zwischen Donald Trump und Theresa May, danach einen gemeinsamen Pressetermin. Bei dieser Gelegenheit deutete Trump an, er habe während seines Besuches in Schottland im Juni 2016 das Brexit-Ergebnis vorhergesagt:
“I happened to be in Scotland… cutting a ribbon, when Brexit happened. I said- this was the day before, you probably remember- ‘Brexit is going to happen’ and I was scorned in the press for making that prediction”.
kurz mal frei übersetzt:
„ich war gerade in Schottland… (…) als der Brexit war. Ich sagte– und das war an dem Tag vorher, wie Sie sich vermutlich erinnern werden– ‚Brexit wird kommen‘ und für diese Vorhersage wurde ich dann von der Presse verachtet. „
So so. Das ist ja mal eine ziemlich eindeutige Behauptung. Aber ist sie auch wahr? Oder hat Trump mal wieder ein bisschen übertrieben?
Nun möchte man meinen, es wäre relativ einfach nachzuprüfen, ob Trump mit dieser Behauptung gelogen hat, oder nicht. Aber es ist etwas komplizierter, als zunächst gehofft. Da ist nämlich zunächst mal die Rede, die Trump anlässlich der Eröffnung seines neuen Golfplatzes hält. Diese Rede hält er am 24. Juni – zu diesem Zeitpunkt liegt das Brexit-Ergebnis bereits vor. Und diese Rede ist vermutlich deshalb vielen in Erinnerung geblieben, weil sich Trump einen Faux-Pas leistet: Schottland hat mehrheitlich gegen den Brexit gestimmt – dennoch gratuliert Trump den Leuten, dass sie sich nun ihr Land zurrückholen. In Schottland kam das gar nicht gut an.
Trump dokumentiert diesen Faux-Pas anschliessend auch noch mit einem entsprechenden Tweet:
Just arrived in Scotland. Place is going wild over the vote. They took their country back, just like we will take America back. No games!
— Donald J. Trump (@realDonaldTrump) 24. Juni 2016
Frei übersetzt:
„Bin gerade in Schottland angekommen. Alle sind ganz wild wegen der Abstimmung. Sie haben sich ihr Land zurrückgeholt, so wie wir uns Amerika zurrückholen werde. Keine Spielchen!“
Ok – die Sache scheint klar zu sein – Trump hat in Schottland zum Brexit gratuliert. Also lag das Ergebnis der Abstimmung zu diesem Zeitpunkt bereits vor.
Aber: vor dem Termin auf dem Golfplatz gab es auch noch ein Fersehinterview, das bereits vor der Brexit-Abstimmung aufgezeichnet wurde:
- Teil 1 des Interviews vom 24. März 2016:
http://www.itv.com/goodmorningbritain/news/donald-trump-piers-morgan-interview-part-one - Teil 2 des Interviews vom 24. März 2016 inkl. Tweet, der den Ausstrahlungstermin zeigt:
http://www.itv.com/goodmorningbritain/news/i-think-that-britain-will-separate-from-the-eu-donald-trump
In diesem Interview sagt Trump offenbar: „I think that Britain will separate from the EU“ – also sowas wie „Ich denke Großbritanien wird sich von der EU trennen“ oder „ich vermute…„. Ob er während des Interviews in Schottland war kann ich nicht sagen. Vermutlich nicht. Aber, wenn ich das richtig verstehe, wurde das Interview offenbar bereits im März 2016 aufgezeichnet.
Man kann also festhalten: Ja, Trump hat das Brexit-Ergebnis vorausgesagt – oder besser gesagt öffentlich erhofft. Eine seiner vielen „I think…“ Äusserungen, die später schnell entweder zurräuckgezogen werden können – oder wie in diesem Fall als „Ich habe es ja vorher gewusst.“ Aber es stimmt scheinbar nicht, dass er das während seines Besuches in Schottland getan hat. Das Interview wurde allerdings an dem Tag gesendet, an dem er in Schottland einen Golfplatz eingeweigt hat. Die Antwort auf die Frage Hat Trump in Schottland das Brexit-Ergebnis vorausgesagt? wäre also mal wieder Ja und Nein. Und genau so scheint die Trump-Logik ja im allgemeinen zu funktionieren: am besten, man sagt „Es regnet“ und „Es regnet nicht“ – dann hat man zumindest immer zu 50% Recht.
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Video: „Brexit: The Modern Era’s Biggest Foreign Policy Mistake?“ (Bloomberg) - Donald Trump was not actually in Scotland to predict Brexit (euronews)